Geschafft! Nach vier Monaten intensiver Konstruktion, 3D-Druck, Aufbau und Einrichtung ist meine zweite, 3D-gedruckte und selbstgebaute Mini-Sternwarte endlich fertig. Mit 80 cm Durchmesser ist sie fast doppelt so hoch wie meine erste 2022 gebaute Mini Sternwarte, mit der ich so viele schöne Astrofotos aufgenommen habe. Ich genieß nun das Bequeme, das Auf- und Abbauen des Teleskops bei klarem Himmel abends, morgens oder in der Nacht hinter mir zu lassen. Nun kann ich selbst in Nächten fotografieren, die nicht durchgehend klar sind. In meiner ersten Mini-Sternwarte konnte ich nur ein Objektiv mit maximaler Brennweite von etwa 110 mm unterbringen. Und auch die Steuerung mit einem ZWO ASIAR Pro war für längere, unbeaufsichtigte Aufnahmesessions nicht wirklich gut. Vor allem fehlen der ASIAIR-Software nützliche Funktionen für Eingriffe oder Korrekturen bei unerwarteten Störungen, wie z.B. bei Sternverlust im Guiding bei durchziehenden Wolken. Und der Autofokus war leider nicht immer wirklich präzise genug.
Umbauen oder erweitern wollte ich die kleine Sternwarte nicht mehr. Dann doch lieber über den Winter eine neue, größere Sternwarte bauen. Nachdem ich noch einmal verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten hin und her bewertet hatte, war für mich mit der Erfahrung wieder eine Sternwarte vom Typ Clamshell die beste Lösung, eine Sternwarte mit einer Kuppel aus zwei beweglichen Halbschalen. Und auch ganz wichtig, die Sternwarte sollte nun unter Windows mit der so vielseitigen Open Source Software N.I.N.A. betrieben werden.

Die Kuppel der Sternwarte musste einfach so groß wie möglich sein. Letztendlich jedoch wird sie durch einen vertretbaren Aufwand beim 3D-Drucken bestimmt, also vor allem durch die Größe des Druckbetts und der Druckgeschwindigkeit des 3D-Druckers. Ich hatte spaßeshalber mal die reine Druckzeit für meinen ersten 3D-Drucker, einem Prusa MINI abgeschätzt, 150 Tage lang würde er drucken. Natürlich undenkbar, viel zu lange! Aber der 3D-Drucker K1 Max von Creality würde mit einem Hyper Filament und seiner Druckfläche von 30 cm x 30 cm nur etwa 15 Tage reine Druckzeit brauchen.

Bau der Kuppel
Gedacht, getan. Mit meiner Erfahrung war der Bau dieser zweiten Sternwarte nun keine dramatische Herausforderung mehr, eher schon spannende Routine. Mit Basic-Kenntnissen in Autodesk Fusion365, dessen Nutzung für Privatanwender kostenfrei ist, war die Kuppel in Originalgröße schnell entworfen. Dies waren im wesentlichen sechs Teile in Originalgröße: ein Bodenring, ein Zwischenring und vier bewegliche Halbschalen zum Öffnen bzw. Schließen der Kuppel. Dazu kamen diverse kleinere Teile, Halterungen für die Motoren und Umlenkrollen, Achsen, Kabelkanäle und Abdeckungen.

Da ich die großen Kuppelteile nicht in einem Stück drucken konnte, habe ich Boden- und Zwischenring mit einem Slicer-Programm in acht Teile geschnitten, jede Halbschale sogar in zehn. Zur Stabilität habe ich je zwei übereinander-liegende Schalen entworfen und zum Drucken mit dem Slicer an verschiedenen Stellen zerschnitten. So konnte ich je zwei Schalen übereinander legen und an ihren Nahtstellen gut verschrauben.

Vier Wochen nach Druckbeginn waren alle entscheidenden Kuppelteile gedruckt, zwölf Kilogramm Hyper-PETG Kunststoff hat der Drucker hierfür gebraucht. Die entsprechenden Teile wurden zusammengesteckt, geklebt oder -geschraubt. Beim Drucken hatten sich allerdings einige Teile der Halbschalen leicht verzogen, so dass bei deren Zusammensetzen eine Handvoll kleiner Spalten von etwa 1 bis 2 mm blieben. Mit 2k-Füllspachtel waren sie schnell verschlossen. Und schließlich, als besseren Schutz vor der UV-Strahlung ist die komplette Kuppel mit weißem Acryllack gestrichen. Ein Streifen Aluminiumblech sorgt innen am Bodenring für zusätzliche Stabilität. Der Bodenring ist allerdings nicht gleichmäßig rund. Er ist an der Südseite leicht nach innen gewölbt. Damit öffnet sich die entsprechende Kuppelschale etwas weiter als die andere, und der Horizont für das Teleskop liegt nach Süden etwa 10° tiefer. Ob es bei mir notwendig war, weiß ich nicht. Letztendlich bestimmen die umgebenden Bäume und Büsche die Höhe meines nutzbaren Horizonts für das Teleskop. Er liegt bis auf wenige Ausnahmen bei etwa 30°. Die Sternwarte ist auf eine wasserfeste Siebdruckplatte geschraubt, und liegt auf dem Garagendach.

Eigentlich sollte die Sternwarte wasserdicht sein. Die Halbschalen überlappen sich um etwa 5 cm, und die Schrauben in den Schalen sind so gut wie möglich mit Silikon abgedichtet. Trotzdem, bei längeren Schlechtwetterphasen decke ich die Sternwarte mit einer speziell hierfür entworfenen, runden Abdeckhaube ab. Und zu meiner Beruhigung gibt es eine Alarmanlage. Sie sichert die Sternwarte gegen unbefugten Zugang oder Diebstahl.

Motorisierung
Kleine, 12V Gleichstrommotoren sollen mit einem Drahtseil die Kuppel öffnen und schließen. Zunächst fiel meine Wahl auf die optisch sehr ansprechenden Seilwindenmotoren für Modellautos im Maßstab 1:10. Diese Motoren können durchaus jede der vier Kilogramm schweren Halbschalen heben. Nur sind sie leider nicht selbsthemmend, d.h. durch das Gewicht der Halbschalen drehen sich die ausgeschalteten Motoren rückwärts, und die Kuppel öffnet sich selbstständig. So habe ich stattdessen kleine Motoren mit Schneckengetriebe gewählt, die vom Design her selbsthemmend sind. Ein 0,5 mm dünnes Drahtseil ist auf der Trommel am Motor aufgerollt und läuft über eine Umlenkrolle über die Außenseite des Zwischen- und Bodenrings zum unteren Ende der Halbschale. Dort ist es mit ihr verschraubt, so dass der Motor die Halbschale hochzieht um die Kuppel zu schließen. Es ächzt dabei zwar ein bisschen, aber die Motoren erfüllen ihre Aufgabe dann doch recht gut.

Ein Arduino Uno steuert mit einem L298N-Modul die beiden Motoren via Taste oder ASCOM Schnittstelle. So lassen sie sich unabhängig voneinander und in beide Richtungen drehen. Zur ASCOM-Steuerung aus N.I.N.A. nutze ich den RRCI-ASCOM-Dome Treiber mit einem für mein Clamshell-Design angepassten Arduino Sketch. Den RRCI Treiber habe nur auf einem ATmega Uno ans Laufen gebracht, mit meinen anderen Arduino Prozessoren hat er nicht funktioniert. Zwei Mikroschalter melden die Endpositionen einer Halbschale an den Mikroprozessor um den Motor zu stoppen. Da ich mich nicht nur auf die Endschalter verlassen wollte, werden die Motoren auch zwei Sekunden nach ihrer individuellen Laufzeit automatisch gestoppt.

Im Inneren der Sternwarte
In dieser Kuppel hatte ich nun endlich Platz für meine AM5 Montierung und dem Askar SQA55 Teleskop mit 264 mm Brennweite, meiner ASI183MC Pro Kamera mit Rotator und Filterrad, einem Fokussierer und einer ASI120MM Kamera mit einem 130 mm / f4 Guiding Fernrohr. Sechs Kilogramm wiegen diese Teile zusammen. Dank der AM5 Strainwave-Montierung kann man auf das sonst bei klassischen Montierungen notwendige Gegengewicht verzichten. Und die Kuppel hat noch eine sehr willkommene Besonderheit, die Kuppel kann in jeder Position des Teleskops geschlossen werden.

Die notwendige Elektronik und Verkabelung ist so angeordnet, dass die komplette Montierung mit Teleskop und angebautem Zubehör in etwa 5 Minuten in die Kuppel eingesetzt oder herausgenommen werden kann. Deshalb sind ein Mini PC, USB Hub und ein Arduino-Mikroprozessor zur Steuerung zweier Antitau-Heizbänder direkt am Teleskop oder dessen Befestigungsschiene montiert. Sie drehen sich mit dem Teleskop in jede Himmelsrichtung und vermeiden so ein Wirrwarr der Verbindungskabel beim Bewegen des Teleskops.

Steuerung der Sternwarte
Die Steuerung der Sternwarte ist komplett remote möglich. Sie ist natürlich in mein lokales Netzwerk eingebunden und via VPN auch aus dem Internet erreichbar.

An der Montierung habe ich ein netzwerkgesteuertes Waveshare 8-Kanal Relais angebracht, das die Spannung der einzelnen Komponenten ein- und ausschalten kann, auch eine weiße LED zur Beleuchtung der Kuppel für den Notfall. Das Relais ist via ASCOM-Treiber und zusätzlich über die App Home-Assistent bedienbar, eine Software zur Steuerung der Hausautomation. In der Kuppel selbst ist auch der oben erwähnte ATmega-Mikroprozessor zur Steuerung der Kuppelmotoren untergebracht.

Selbstregelnde Tauheizung
Um den Beschlag der Linsen von Teleskop und Guiding Fernrohr durch Tau zu verhindern, habe ich eine selbstregelnde Tauheizung gebaut. Basis ist der nur daumennagelgroße Seeeduino-WiFi Mikroprozessor. Er regelt abhängig vom Taupunkt und der Temperaturänderung am Teleskop die Leistung der beiden Heizbänder.

Die dafür nötigen Daten melden ein DHT22-Sensor und ein temperaturabhängiger PTC-Widerstand. Der DHT22 misst Temperatur und Luftfeuchtigkeit, der PTC-Widerstand die Änderungen der Temperatur am Teleskop. Damit regelt der Mikroprozessor über PWM-Module die Leistung beider Heizbänder. Zur Kontrolle misst er zusätzlich mit einem ACS712-Modul den Strom der Heizbänder und bietet diese Messwerte auf einer eigenen Webseite an.

Darüber hinaus gibt es weitere Komponenten, die den Betrieb erleichtern. Eine kleine Weitwinkel-Kamera sitzt im Kuppelinneren zur Überwachung von Kuppel, Teleskop und Montierung. Ein Netzwerk-Switch verbindet den PC, die Überwachungskamera und das 8-Kanal Relais mit meinem Netzwerk.

Resümee
Ich kann es nicht leugnen, es war viel Arbeit die Sternwarte zu bauen, zu testen und zu optimieren. Aber es hat mir über den Winter auch viel Spaß gemacht. Die Steuerung mit N.I.N.A. ist so klasse. Die autonomen Aufnahmesession laufen reibungslos. Es hat sich gelohnt.
Zum Abschluss noch ein paar Schlüsseldaten. Das Gesichtsfeld des Teleskopsystems beträgt etwa 2° x 3°, entsprechend 2″/Pixel. Das Guiding liegt bei guten etwa 0,5″ bis 0,8″, was bei diesem Setup völlig ausreichend ist. Das Askar SQA55 Teleskop hat eine hervorragende Optik. Die Aufnahmen sind äußerst scharf, die Sterne bis in die Ecken fehlerlos.
Jetzt im Frühling ist noch Galaxienzeit, die Milchstraße mit ihren farbigen Nebeln geht bei uns auf der Nordhalbkugel erst kurz vor der Morgendämmerung wieder auf. Und für diese Objekte in der Milchstraße ist meine Sternwarte mit seinem Gesichtsfeld von etwa 2° x 3° prädestiniert. Dann wünsche ich mir viele klare Nächte.

Weiterführende Links
ASCOM RRCI Dome Treiber
https://projecthub.arduino.cc/cfar/rolling-roof-computer-interface-rrci-a7f9ac

ASCOM Treiber zur Steuerung des Waveshare Relais
https://github.com/ngaertner/ASCOM-Switch-Waveshare-POE-ETH-Relay

Meine 3D-gedruckte Mini-Sternwarte

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