Ende Juli 2017, unsere Sonntagszeitung kündigt die in den USA sichtbare Sonnenfinsternis am 21. August an. Wir hatten eine Reise wegen des Andrangs eigentlich schon länger abgeschrieben. Aber warum eigentlich nicht dabei sein? Urlaub konnte arrangiert werden. Und die Reise auch. Also, warum nicht!
Sicherste, gute Wettervorhersagen gab es für den Westen der USA und so fiel unsere Entscheidung für die Gegend um den Ort Weiser in Idaho, in der Zentralzone der Finsternis gelegen. Es ist dort nur wenig bevölkert, und es gibt Straßen in alle Richtungen, um ggf. bei Wolken doch Stunden vorher ausweichen zu können.
Vorbereitungen
Und so waren nach dem Frühstück schnell Flüge für meine Frau und mich nach Portland, Oregon, und ein obligatorischer Mietwagen gebucht. Aber die Übernachtungen. Es gab kaum welche und wenn, so waren sie mit bis zu 1000 USD pro Nacht äußerst happig. Kein Hindernis für uns, zur Not würden wir im Wagen übernachten. Wie durch ein Wunder fand ich einige Tage später ein Angebot für das Best Western Motel in Caldwell – nicht weit von Weiser – für etwa 130 USD bei „Ab-in-den-Urlaub“, die für Expedia Übernachtungen verkaufen. Das war schnell gebucht. Nun stand dem Abenteuer SoFi nichts mehr im Wege.
In den Tagen vor der Abreise wurde eine Belichtungsstrategie festgelegt. Ich wollte in der totalen Finsternis neben der Corona auch die von der Erde angestrahlte Mondoberfläche festhalten. Mit meiner Fuji XT-10 konnte ich im Bracket-Modus aber nur 7 Belichtungsstufen nutzen, zu wenig für die erwartete Dynamik. Im Manual Modus konnte ich die Belichtungszeit nach einer Bracketserie verändern und so auf etwa 20 Blendenstufen erweitern. Das musste aber während der Finsternis alles im Dunkeln geschehen, ohne einen Blick auf die Kamera zu werfen, denn schließlich ist das Sehen das Allerwichtigste. Üben, üben, jeden Tag!
Die Astroausrüstung und etwas Kleidung waren bald gepackt. Zwei Stative im großen Koffer nebst etwas Kleidung und alles empfindliche im Handgepäck. Nach Kontrolle meiner Ausrüstung und intensiver Diskussion um meine Gegengewichtsstange im Handgepäck konnten wir dennoch den Sicherheitscheck des Flughafens erfolgreich passieren. Puh!
Zwei Tage vor der SoFi
Portland begrüßte uns mit tollem Wetter, vielen Mikro-Brauereien und schrägsten Donuts ever. Und nach einer zweitägigen Fahrt endlich auch Weiser mit vielen Events zur SoFi. Gegen 18 Uhr erreichten wir auch das Best Western in Caldwell. Aber der Schreck war riesig. Es gab für uns dort keine Buchung und es war ausgebucht. Mein Reservierung sah doch richtig aus. Nach einer Viertelstunde fiel den Mitarbeitern des Motels auf, das zwar die Adresse stimmte, aber die Postleitzahl nicht. Die gab es für ein Best Western in Ohio, etwa 3000 km weiter östlich. Wegen SoFi und einem Rodeo war in der Gegend alles ausgebucht. Mit meinem Anruf in Ohio konnte ich kulanterweise die Übernachtung dort stornieren. Gleichzeitig hatte die super freundliche Rezeption in Caldwell kleinere Motels in der Umgebung angerufen und schließlich für 150 USD ein Zimmer in einem allerdings sehr renovierungsbedürftigem Motel in Nampa gefunden. Wir hatten wohl keine Wahl, und so fuhren wir zum etwa 20 km entfernten Motel. Auch dort war die Rezeption ein klasse Hilfe und empfahl uns zum Abendessen das Brick 29 in einem Ziegelbau im Industriebereich. Mit Navi waren wir schnell dort und fuhren mit einem sehr netten Ehepaar im Aufzug zum Restaurant. Sie waren völlig begeistert von unserem Abenteuer SoFi. Das Restaurant hatte tolle italienische Gerichte, die wir nach den Erlebnissen ausgiebig genossen.
„Ihr Essen ist schon bezahlt“, sagte der Ober. Er wisse aber nicht von wem. Aber wir wussten es. Wir fanden das Ehepaar aus dem Aufzug mit Freunden an einem Tisch. Wir bedankten uns für die ungewöhnliche Gastfreundschaft und bekamen noch das Angebot bei Ihnen zu übernachten. Wir wollten unsere Freiheit behalten und lehnten dankend ab. Eine weitere Überraschung gab es bei Booking.com. In Caldwell gab es plötzlich ein freies Zimmer für die nächste Nacht. Gefunden, gebucht. Klasse!
Ein Tag vor der SoFi
Nach einem ausgiebigen Frühstück, wie immer genial in den USA, haben wir Weiser und Umgebung erkundet, um für den Tag der Finsternis einen optimalen Standort zu finden und auch die Strassen und mögliche Verkehrslage zu beurteilen. Es waren immerhin 80 km zu fahren und die Highway Tafeln kündigten ein sehr hohes Verkehrsaufkommen für den Folgetag an.
Ein Standort für den besonderen Tag war dann auch gefunden, der kleine Park Mann-Creek-Reservoir nahe Weiser. Und die Wettervorhersage war für uns immer noch ausgezeichnet. Westlich von uns, in Oregon brannten Wälder und favorisierte Standorte waren durch Rauch beeinträchtigt. Aber nicht für uns.
Der Tag
Einfaches Frühstück, vom Motel den SoFi Gäste schon um fünf Uhr angeboten. Es waren noch nicht so viele Interessierte unterwegs, die Straßen waren nicht so voll, und so erreichten wir etwa 3 Stunden vor der Finsternis das Mann-Creek-Reservoir und konnten in Ruhe die Ausrüstung aufbauen, testen und mit anderen Zuschauern quatschen. Neben der Fuji XT-10 mit einem TS-APO 70mm f4.9 und einem Star Adventure hatte ich noch eine Lumix GX7 mit einem 150mm Objekt auf einem Ioptron Skytracker aufgebaut. Man weiß ja nie.
Und dann begann die Finsternis. Es wurde dunkler, die Vögel wurden ruhig und die Temperatur fiel deutlich. Es wurde kühler. Die Kameras liefen und die SD-Karten füllten sich. Was für ein Wahnsinns Erlebnis, erhebend, ehrfürchtig, für mich das beeindruckendste Astronomie-Erlebnis. Mit Beginn der Totalität sahen wir alle Erscheinungen der Finsternis, den Diamantring, Flares und natürlich die Corona. Und die Kameras hielten es fest.
Aber die Fotos können den Moment nicht wirklich wieder geben. Man muss eine SoFi sehen, um sie wirklich zu begreifen! Viele Menschen jubelten, einige weinten. Es wird nicht unsere letzte Sonnenfinsternis sein. 2024 gibt es wieder eine in den USA, die einigermaßen gut zu erreichen ist. Wir fiebern ihr entgegen.
Diamantring
Der Mond hat die Sonne noch nicht ganz bedeckt. Es scheinen die letzten Sonnenstrahlen durch die Täler der gebirgigen Mond-Silhouette und verursachen den Eindruck eines Diamantrings oder einer Perlschnur.
Corona
Der Mond hat nun die Sonne vollständig bedeckt, und die Corona der Sonne leuchtet um die dunkle Mondscheibe. Die Corona ist in dieser Zeit um das Sonnenfleckenminimum etwas länglich. Über dem Mondrand sind während der totalen Phase auch rötliche Protuberanzen zu sehen.
Diamantring und Flares
Der Mond gibt die Sonne wieder frei. Es scheinen die ersten Sonnenstrahlen durch die Täler der gebirgigen Mond-Silhouette auf der anderen Seite des Mondes. Es sind deutliche, rote Sonnenflares (Eruptionen) sichtbar. Energie, die sich in einem Magnetfeld über Sonnenflecken aufstaut, wird als Plasma explosionsartig in den Weltraum geschleudert.
Das Video zeigt eine Folge einzelner Fotos über den gesamten Verlauf der Sonnenfinsternis. Während der Verdunklung bzw. Aufhellung wurde natürlich ein entsprechender Sonnenfilter verwendet. Mit dem Auftauchen des Diamantrings wurde er entfernt und ohne Filter fotografiert.